"Eigentlich hätte es ganz anders kommen müssen." Die schöpferische Kraft des Erzählens in Jenny Erpenbecks Roman "Aller Tage Abend"

· GRIN Verlag
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Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: "-", Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Deutsches Seminar), Veranstaltung: -------------------------------------------, Sprache: Deutsch, Abstract: In „Aller Tage Abend“ werden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als ineinandergreifende, sich überlappende und gegenseitig beeinflussende zeitliche Dimensionen aufgefasst. Dieser Sichtweise liegt ein Denkmodell zugrunde, in dem die Vergangenheit nicht als abgeschlossener, sondern als offener Raum verstanden wird, der in die Gegenwart hineinwirkt und auch zukünftiges Geschehen entscheidend mitbestimmt. Mit ihrem Roman unternimmt Jenny Erpenbeck ein erzählerisches Experiment, dessen Versuchsanordnung es ihr ermöglicht, sich auf einer gedanklichen Zeitleiste hin- und her- bzw. vor- und zurückzubewegen. Auf diese Weise erprobt sie verschiedene Möglichkeiten, bereits erzähltes Geschehen wieder aufzurufen, es aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, neue Seiten daran zu entdecken, es neu zu ordnen und zu strukturieren, abzuwandeln, zu erweitern und zu ergänzen. Dieses Verfahren unterscheidet sich grundlegend von einer Erzählmethode, mit der das Geschehen an den Gesetzen der Logik, der Kausalität und der zeitlichen Abfolge ausgerichtet wird. Erpenbeck betont demgegenüber die schöpferische Kraft des Schreibens, mit der die Regulierung durch solche Vorgaben aufgebrochen und neue erzählerische Wege beschritten werden können. Folgt der Leser der ungenannten Erzählerfigur in „Aller Tage Abend“ auf diesen Wegen, so macht er die verblüffende Erfahrung, dass auch der Tod eines Menschen nicht das Ende seiner Geschichte bildet, sondern dass es Möglichkeiten gibt, an diesem Scheidepunkt die Zeit gleichsam rückwärts laufen zu lassen, das Geschehen neu aufzurollen und zu untersuchen, wie es sich (unter vielleicht nur geringfügig geänderten Voraussetzungen) auch hätte entwickeln können. Auf eine leicht fassliche Formel gebracht, folgt das erzählerische Verfahren von „Aller Tage Abend“ der Erkenntnis: „Am Ende eines Tages, an dem gestorben wurde, ist längst noch nicht aller Tage Abend.“ Der auf diese Weise entstandene Roman bildet somit eine vielschichtige, komplexe Erzählung vom Schicksal „einer einzelnen Figur, deren Lebensgeschichten fast das gesamte 20. Jahrhundert umfassen.“ Explizit wird dieses Erzählverfahren in den als Scharnier- oder Gelenkstücke zwischen die fünf „Bücher“ des Romans eingefügten „Intermezzi“ durchgespielt. Um konkret zu überprüfen, wie ein solches Verfahren funktioniert, werden hier die symmetrisch angeordneten Bausteine des Romangeschehens genauer untersucht und kommentiert.

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