Rudolf Bohren (1920-2010) resümierte als einstiger Schüler in seiner Thurneysen-Biographie: „Wie wir die Sonne kaum wahrnehmen können, wenn Wolken sie verhüllen, so können wir heute kaum mehr das Ereignis fassen, daß während und nach dem Ersten Weltkrieg die Bibel neu entdeckt wurde und Eduard Thurneysen mit Karl Barth in der Bibel ein neues Indien fand, Grund genug zum Dank und Anstoß zu neuen Aufbrüchen, Hinreisen und Entdeckungen". Ein bedeutendes Ergebnis des theologischen Aufbruchs war auch Thurneysens Seelsorgekonzeption, welche als „kerygmatische Seelsorge" im deutschsprachigen Raum über fünf Jahrzehnte eine wesentliche Orientierungshilfe zur Sache, und ab der empirischen Wende in den 1960er Jahren auch Anlass für viel Kritik bot. Vor diesem Hintergrund erfolgt nun nochmals eine Hinreise zur (Wieder)Entdeckung ihrer sowohl spirituellen als auch pneumatologischen Impulse, um diese für eine bibelorientierte Seelsorge in heutiger Zeit fruchtbar machen zu können.