Ausgehend von der kulturhistorischen Behindertenpädagogik (Feuser, Jantzen) erschließt das Buch von Birger Siebert erstmals die im deutsch-sprachigen Bereich bisher nur rudimentär wahrgenommene Theorie des „entwickelnden Unterrichts“. Sie geht auf den russischen Psychologen V. V. Davydov zurück und verbindet – durch umfangreiche empirische Forschung fundiert – Entwicklungspsychologie und schulisches Lernen. Sie folgt dabei den theoretischen Grundannahmen von L. S. Vygotskij, dass gutes Lernen die Entwicklung fördert. Weltweit beachtet war sie u.a. einer der wesentlichen Impulsgeber für die Erfolge Finnlands in den PISA-Untersuchungen. Auf der anderen Seite ist Davydovs Theorie höchst anspruchsvoll im Rahmen des komplexen Gebäudes der kulturhistorischen und Tätigkeitstheorie angesiedelt. Philosophisch ist Davydov erheblich von Evald Il’enkov beeinflusst. Insofern ist die Rekonstruktion des Theorie-Praxis-Gebäudes des „entwickelnden Unterrichts“ auch im internationalen Rahmen gesehen eine ebenso praktisch bedeutsame wie theoretisch anspruchsvolle Aufgabe, die Birger Siebert bravourös meistert.
(Wolfgang Jantzen)
Das vorliegende Werk führt in einmaliger Weise in die Theorie der Lerntätigkeit und des entwickelnden Unterrichts ein. Es ermöglicht eine Annäherung an grundlegende Fragestellungen einer an der kulturhistorischen Theorie orientierten Pädagogik und Didaktik, wie sie Davydov und El’konin entwickelt haben – und damit an eine Thematik, die im deutschen Sprachraum wenig rezipiert ist. Vor allem hinsichtlich der Bewältigung der didaktischen Probleme eines integrativen Unterrichts ist dieses Buch wegweisend.
(Georg Feuser)