Gefängnistagebuch 1924: Ausgabe 3

· epubli
Ebook
191
Pages
Admissible

À propos de cet ebook

Ich habe die Aufforderung zum Haftantritt seit Wochen erwartet, Tag für Tag, Stunde für Stunde, aber da ich sie nun wirklich in der Hand hielt und den Befehl las, daß ich mich spätestens am 20. Juni, bis abends sechs Uhr beim Gerichtsgefängnis Greifswald zu melden habe, fühlte ich plötzlich mein Herz wie unsinnig klopfen. Ich glaube, ich habe versucht, einige Witze zu Kagelmacher zu machen, die wohl ein wenig schief herauskamen. Dann bin ich in den Garten gegangen und habe mich in die Sonne gelegt. Noch zehn Tage hatte ich Zeit. Und trotzdem ich mich bis zur Stunde am meisten vor dem Entbehren von Zigaretten und Alkohol gefürchtet hatte, waren es doch nicht diese, die ich in den mir verbliebenen Tagen noch besonders wahrnehmen wollte, sondern das war es: Liegen in der Sonne, Meergeschmack und das Erschauen einer schönen Menschengeste. Und es war vielleicht darum, daß ich mir an Km.'s Liebesgeschichte wie beteiligt vorkam, daß es mir genügte, das Bewußtsein solcher Liebe mitzunehmen in die Eiszeit von sechs Monaten. Daß ich erst wieder am 20. Dezember frei sein würde, daß ich den ganzen Sommer, den ganzen Herbst vergessen würde, das schmerzte besonders. Wenn wir zusammen auf das Feld hinausgingen und Km. sich darüber freute, daß die Kartoffeln so stark in der letzten Nacht gewachsen waren, dachte ich nur daran, daß ich sie nicht blühen, nicht abwelken, nicht geerntet sehen würde. Als ich am letzten Tage über das frisch gepflanzte Kohlfeld ging, dessen Pflanzen schlaff und verwelkt auf der Seite lagen, fiel mir ein, daß die ein ganzes Leben haben würden, während ich – Eiszeit. Steinzeit. Denn dort lebt man nicht, nicht wahr? Es ist wie eine Pause, plötzlich ist das eigene Leben zu Ende, nun muß man das Leben irgendeines andern führen, ein fremdes, befohlenes Leben – wer aber wird man dann am 20. Dezember sein, der von früher? Oder ein ganz anderer? Dazu kamen die Sorgen, ob es möglich sein würde, die Eltern über den Aufenthaltsort im unklaren zu lassen. Ich habe ...

Quelques mots sur l'auteur

Hans Fallada (Rudolf Ditzen) lebte von 1893 bis 1947 und war ein deutscher Schriftsteller.

Attribuez une note à ce ebook

Faites-nous part de votre avis.

Informations sur la lecture

Téléphones intelligents et tablettes
Installez l'appli Google Play Livres pour Android et iPad ou iPhone. Elle se synchronise automatiquement avec votre compte et vous permet de lire des livres en ligne ou hors connexion, où que vous soyez.
Ordinateurs portables et de bureau
Vous pouvez écouter les livres audio achetés sur Google Play en utilisant le navigateur Web de votre ordinateur.
Liseuses et autres appareils
Pour pouvoir lire des ouvrages sur des appareils utilisant la technologie e-Ink, comme les liseuses électroniques Kobo, vous devez télécharger un fichier et le transférer sur l'appareil en question. Suivez les instructions détaillées du centre d'aide pour transférer les fichiers sur les liseuses électroniques compatibles.