Die Frage nach der nationalen Identität bedeutet ein Nachdenken über ge-schichtliche Entstehungsbedingungen einer Nation und eine Neuorientierung in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft der Gegenwart. Der Schutz, der eine nationale Identität - oft geprägt von Mythen - dem Kollektiv der Individuen, das wir Staat nen-nen, bietet, legt die Möglichkeiten einer Zukunft fest und kann sie einschränken. Auf der anderen Seite gibt es das Anti-Modell eines aufklärerischen Inter-nationalismus, ein oft modisches Konzept, das die Nation als die Erfindung des Nationalismus definiert; es kann als realistische Alternative betrachtet, aber auch als Utopie in Frage gestellt werden.
Anlässlich des 150jährigen Bestehens der schweizerischen Bundesver-fassung beschäftigen sich die Beiträge in diesem Band mit Fragen zu Kunst- und Kulturpolitik, Politik und Staatswesen, Geschichte, Sprache und Religion sowie mit der Darstellung der schweizerischen Wirklichkeit in litera-rischen Texten, mit dem Zweck, im Gedenkjahr 1998 ein Bild der heutigen Schweiz zu vermitteln, wobei besondere Aufmerksamkeit dem Übergang zu einem überstaatlichen Föderalismus gilt, der sich vor der Frage gestellt sieht, alte Mythen zu ersetzen oder umzudeuten. Dieser Prozess, der heutzutage in der Schweiz stattfindet und tief in die Geschichte des Staates zurückreicht, dankt seinen Erfolg der inneren Selbstbestimmung, deren Bedeutung für die Herausforderung einer eigenen Identität hier in thematisch unterschiedlichen Beiträgen dargelegt wird.