Mehrsprachigkeit - Diversität - Internationalität: Erziehungswissenschaft im transnationalen Bildungsraum

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„Die Ziele der allgemeinen und der beruflichen Bildung haben sich mit der Interkulturalität und Internationalität auseinanderzusetzen, und zwar nicht nur im Hinblick auf interkulturelle Situationen, die sich aus einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund oder Minderheiten in pädagogischen Institutionen ergeben können, sondern auch im Hinblick auf jegliche Formen des interkulturellen Kontakts. So gesehen, hat interkulturelle Bildung keine sektorielle Aufgabe, sondern eine Querschnittsdimension der Bildung zu sein.“
(Allemann-Ghionda 2013, S. 48)

In Anbetracht globaler und soziokultureller Veränderungsprozesse fühlen sich immer mehr Menschen verschiedenen Ländern, Kulturen und Sprachen zugehörig. Diese Komplexität von Mehrfachzugehörigkeiten erfasst Cristina Allemann-Ghionda in ihrem Konzept der polyphonen Identität (Allemann-Ghionda 2003). Gemeint ist damit „ein Repertoire an sprachlich kodierten »Stimmen«“ (Allemann-Ghionda 2004, S. 83). Wie in einem Orchester können sich diese Stimmen „im Sinne von »Ausdrucksweisen«“ und „je nach kommunikativem Zusammenhang isoliert äußern, oder aber in einer Weise kombiniert auftreten, dass der Klang einen eigenen, unverwechselbaren Ausdruck hervorbringt“ (ebd.). Diese musikalische Vielstimmigkeit wird in einem Aquarell von Paul Klee aus dem Jahre 1929 dargestellt. Aus diesem Grund haben wir das Bild Polyphone Strömungen für das Cover der vorliegenden Festschrift ausgewählt, welches die Faszination für die Verbindung unterschiedlicher Stimmen in ihrer Diversität verbildlicht. Für Cristina Allemann-Ghionda sind vor diesem Hintergrund pädagogische und erziehungswissenschaftliche Fragestellungen, die Mehrsprachigkeit, Diversität und Internationalität nicht berücksichtigen, obsolet. Die drei zentralen Begriffe dieses Bandes, für die sich die allgemeine Bildung öffnen und denen sich die Erziehungswissenschaft stellen muss, bilden die Kernbereiche der Forschungs- und Lehrtätigkeiten von Cristina Allemann-Ghionda ab. Ihr ist diese Festschrift gewidmet. So sind erstens Fragestellungen zu den Themen Mehrsprachigkeit und Interkulturalität in der Bildung seit ihren frühen Schriften feste Bestandteile von Cristina Allemann-Ghiondas wissenschaftlichem Denken und Wirken (Allemann-Ghionda 1995, 1997). Eng damit verknüpft sind die Frage nach dem Bildungserfolg bzw. -misserfolg von Schüler/innen mit Migrationshintergrund (Allemann-Ghionda / Pfeiffer 2008; Allemann-Ghionda et al. 2010) sowie das Thema der interkulturellen Sensibilisierung (Allemann-Ghionda / Ogay 1995).

Zweitens bilden das Postulat der Anerkennung von Diversität sowie die sich daraus ergebende Forderung nach einer entsprechenden Professionalisierung übergreifende Ziele und Schwerpunkte in Cristina Allemann-Ghiondas Forschung und Lehre. Während sich Cristina Allemann-Ghionda dabei einerseits der Professionalisierung angehender Lehrkräfte (Allemann-Ghionda / Terhart 2006), einschließlich deren Beurteilungs- und Diagnosekompetenzen in sprachlich und soziokulturell heterogenen Klassen (Allemann-Ghionda et al. 2006), widmet, setzt sie sich andererseits auch mit dem Thema der interkulturellen Kompetenzen angehender Ärzt/innen auseinander (Allemann- Ghionda / Hallal 2011). Drittens nehmen die internationale Öffnung der Erziehungswissenschaft und der Hochschulen sowie die vergleichende Erziehungswissenschaft (Allemann- Ghionda 1999, 2004, 2014) eine bedeutende Rolle in Cristina Allemann- Ghiondas Arbeiten ein.

Soziokulturelle Veränderungsprozesse tragen zur Pluralisierung von Gesellschaften bei. Migration ist dabei ein wichtiges und unübersehbares, jedoch nicht das einzige Phänomen soziokultureller und sprachlicher Vielfalt. In ihrem Modell der vier Achsen der Pluralität erfasst Cristina Allemann-Ghionda neben der Migration die infranationale Mehrsprachigkeit, die Europäische Integration und die Globalisierung als drei weitere ‚Quellen‘ soziokultureller und sprachlicher Pluralität (vgl. Allemann-Ghionda 2013, S. 47). Diese Manifestationen von Pluralität stellen wichtige Begründungszusammenhänge für die Umsetzung interkultureller Bildung dar. Für Cristina Allemann-Ghionda ist interkulturelle Bildung dabei ein pädagogischer Ansatz, der die Berücksichtigung von Differenzen in der Bildung in einem umfassenden Sinne als Pädagogik der Diversität versteht (Allemann-Ghionda 2013). Eines der zentralen Ziele einer solchen Bildung in pluralen Verhältnissen ist die Sensibilisierung pädagogischer Akteure und – im Kontext von Schule – der Schüler/innen für interkulturelle Fragestellungen, Machtverhältnisse und (Bildungs-)Ungerechtigkeiten. Die Förderung interkultureller Kompetenz ist somit ein oberstes Anliegen interkultureller Bildung.

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