Seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war umstritten, welches Gewicht Nietzsches Nachlass fÃŧr sein Philosophieren und das Bild seiner Philosophie zukommt. Sagten die einen, hier vor allem Karl Schlechta, der Nietzsches Werke neu herausgab, es stehe nichts im Nachlass, was sich nicht auch im verÃļffentlichten Werk finde, so Karl LÃļwith und Martin Heidegger, âWas Nietzsche zeit seines Schaffens selbst verÃļffentlicht hat, ist immer Vordergrund. Die eigentliche Philosophie bleibt als ,Nachlaß zurÃŧck" (Heidegger). Beides ist aus heutiger Sicht unhaltbar. Die neue manuskriptgetreue Edition des Nachlasses in diplomatischer Transkription lässt die Frage nun methodisch entscheiden. Der international renommierte Nietzsche-Forscher Werner Stegmaier, der Jahrzehnte lang auch die Nietzsche-Studien und die Reihe Monographien und Texte zur Nietzscheforschung mitherausgegeben hat, legt dazu eine grundlegende Studie zur neuen textnahen oder kontextuellen, differentiellen und chronologischen Nietzsche-Interpretation vor. Diese lässt den Denker an der Arbeit, in seinem experimentellen philosophischen Orientierungsprozess beobachten. Daraus werden auch seine berÃŧhmten Lehren vom Ãbermenschen, vom Willen zur Macht, von der ewigen Wiederkunft und von den Herren der Erde in Also sprach Zarathustra neu verständlich.