Der Roman Die Verzauberung teilt wie kein zweites Werk des österreichischen Autors Hermann Broch die Meinungen seiner Leserschaft innerhalb und außerhalb der Forschung. Der Roman bleibt in seiner Popularität hinter der drei Jahre zuvor abgeschlossenen Romantrilogie Die Schlafwandler und noch weiter hinter Brochs berühmtestem Roman Der Tod des Vergil zurück. Die Rezeption schlägt sich auch in der Verteilung des Forschungsinteresses nieder, was sich an konkreten Zahlen belegen lässt: So verzeichnet die Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft momentan zum Tod des Vergil 70 Einträge, zur Schlafwandler-Trilogie 93 Einträge und zur Verzauberung nur 24 Einträge. Gründe für die geringe Resonanz liegen sowohl auf inhaltlicher als auch formaler Ebene. Julia Mansour bezeichnet in ihrem Aufsatz den „Denk- und Darstellungsstil“ Brochs in der Verzauberung als „befremdlich, nicht selten unzugänglich“. Gegenstand dieser Untersuchung ist eine Besonderheit in Brochs Roman: Die Verseinlagen innerhalb des epischen Textes. Zu den in der Verzauberung auftretenden lyrischen Einlagen existiert bisher in der Forschung noch keine gesonderte Analyse. Das ist, sowohl aufgrund der formalen Unterschiedlichkeit und Ungewöhnlichkeit der Einlagen in gebundener Rede, als auch aufgrund ihrer Auftretenshäufigkeit erstaunlich. Selbst wenn Passagen, die man als Grenzerscheinungen zwischen Epik und Lyrik ansehen kann, unbeachtet bleiben, beinhaltet der Roman 15 Einlagen in gebundener Sprache. Die Analyse dieser Einlagen zeigt, dass die beiden populären Deutungsrichtungen des Romans – die Auslegung unter historischer Perspektive als symbolisch-parabelhafter, antifaschistischer Roman oder geistesgeschichtlich als religiös-mythischer Roman - nur einen unzureichenden Horizont eröffnen. Die Abschnitte in gebundener Rede erhellen die enge Verwebung zwischen dem Roman und den ästhetischen Schriften Brochs und verkörpern in überraschender Art und Weise selbst das in Letzteren ausgedrückte metaphysische Konzept.