In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt Deutschland, seinen ‘Platz an der Sonne’ zu erobern. Während die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika jedoch ein vergleichsweise kurzes Intermezzo bleibt, das nach dem Ersten Weltkrieg mit den Versailler Verträgen seinen unrühmlichen politischen Abschluss findet, floriert der Afrika-Diskurs auf literarischer und kultureller Ebene bis in die Gegenwart hinein und läuft anderen Projektionsräumen des Fremden/Exotischen – gerade in der jüngsten Vergangenheit – den Rang ab. Wie haben sich deutsche Diskurse über Afrika und Afrikaner vom späten 19. bis in das 21. Jahrhundert entwickelt? Und was wird aus den tradierten Projektionen und negativen wie positiven Stereotypisierungen im Zeitalter der Globalisierung, des Multikulturalismus und weltweiter Migrationsbewegungen? Die vorliegende Aufsatzsammlung liefert ein in diesem Facettenreichtum bisher nicht gegebenes Spektrum: Afrikanische und deutsche Wissenschaftler befragen nicht nur Literatur (darunter auch afrikanische und afrodeutsche Texte) im engeren Sinne, sondern werten auch historische Bild- und Textdokumente zur Situation von schwarzen Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkrieges aus, beschäftigen sich mit der Darstellung des ‘Katastrophenkontinents’ in der Gegenwartskunst und in den populären Medien (journalistische Berichterstattung, Dokumentarisches, Spielfilm) und rekonstruieren die Geschichte afrikanischer Germanisten in Deutschland.