Dieser Band der Miscellanea Mediaevalia ist einem Jahr gewidmet: 1308. Die Wahl dieses Jahres scheint arbiträr, denn dieses Jahr zählt ‐ abgesehen von wenigen markanten Ereignissen wie dem Templerprozess oder dem Tod des Johannes Duns Scotus ‐ nicht zu den prominenten Jahren. Der Band wagt ein historiografisches Experiment, indem er gegenüber einem Entwicklungsmodell, das die Aufmerksamkeit auf vermeintliche Höhe- und Wendepunkte lenkt, sich jenen Momenten im Schlagschatten dieser „lauten“ Ereignisse zuwendet. Die Fragestellung des Bandes, der auf die 36. Kölner Mediävistentagung zurückgeht, will daher neue Perspektiven eröffnen, indem sie einlädt, Sehgewohnheiten in Frage zu stellen, zu schärfen, zu verlängern ‐ anhand eines Jahres und auch über dieses Jahr und seine historische Peripherie hinaus. Die Aufmerksamkeit richtet sich, beginnend bei einer lokalen Detailaufnahme, auf verschiedene thematische und methodische Facetten: Ereigniswahrnehmung, auch mit Blick auf die Erschließung neuer Welten, Johannes Duns Scotus in Kontext, Theologie in Paris, Philosophie in Italien, Medizin und Poetik, die Grenzen Europas, Orthodoxie und Häresie, 1308 im Spiegel der Künste, aus jüdischer und islamischer Sicht.