Mit der Dekonstruktion des Lehnswesens seit der Grundsatzkritik Susan Reynoldsโ 1994 sind eben jene Strukturen in Frage gestellt, die bis dahin als Epochenspezifikum des Mittelalters galten. Besonders die Funktionsweisen frรผhmittelalterlicher Ordnung stehen grundlegend zur Diskussion. In dieser Diskussion leistet der vorliegende Band einen Neuentwurf fรผr einen Bereich, den Historikern seit jeher als zentralen Ort sozio-politischer Ordnungen des frรผhen Mittelalters betrachtet haben: Die militรคrische Organisation. Konkret ist er auf die karolingische Welt der Jahrzehnte um 800 gerichtet, die als Ursprungsort des Lehnswesens galt. Denn trotz der zentralen Stellung, die der Krieg in ihr einnahm, hat sich nach der Feudalismusdebatte kein neues Modell etablieren kรถnnen. In der Forschung werden derzeit parallel zwei โ scheinbar โ unvereinbare Modelle karolingischer Militรคrorganisation vertreten, die mit den Schlagworten der โWehrpflicht" (Bachrach) und der โWarband" (Reuter) umrissen sind. Der Neuentwurf fรผgt diese beiden Erklรคrungsentwรผrfe zusammen: รber die Verbindung รถffentlich-gemeinschaftlicher und personaler Strukturen bietet diese Deutung ein neues Modell der Organisation sozialer Ordnungen in der karolingischen Welt.