Spätestens seit in den Geschichts- und Kulturwissenschaften ab den 80er Jahren das Problem des ‚nation building‘ in neuer Weise in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses gerückt ist, ist auch in der Translationswissenschaft immer wieder auf die Rolle des Übersetzens für Nationenbildungsprozesse hingewiesen worden. Ihre Bedeutung gerade in einem konstruktiven Modell von ‚vorgestellten Gemeinschaften‘ wird in den meisten Fällen aber – wenn auch mit guten Gründen – mehr behauptet als systematisch nachgewiesen.
Der vorliegende Band mit Texten zum europäischen Rahmen leistet einen Beitrag dazu, diese Lücke zu schließen. Ziel ist es nicht nur, die zumeist nationalsprachliche Perspektive der traditionellen Literatur-, Kultur- und Nationalgeschichte zu überwinden, sondern komplementär die Bedeutung von Übersetzungen auch schon für die Entwicklung solcher nationalkulturellen Modelle herauszuarbeiten.