Abhandlungen über die Principien der menschlichen Erkenntnis: Philosophie-Digital Nr. 42

· Philosophie-Digital Book 42 · andersseitig.de
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George Berkeley veröffentlichte 1710 mit 25 Jahren seine zweite philosophische Schrift "Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis" In dieser Schrift erläuterte er die beiden Grundprinzipien seines sensualistischen Ansatzes: "Es gibt etwas, das wahrgenommen wird." (esse est percipi) und "Es gibt etwas, das wahrnimmt." (esse est percipere). Ferner beschrieb er im Hinblick auf die noch gesellschaftsweit vorherrschende aristotelisch-scholastische Philosophie seine Schlussfolgerungen aus diesen Prinzipien und kritisierte Locke, dessen Philosophie am Trinity College den Lehrkanon dominierte. Menschliche Vorstellungen ('ideas') entstehen ausschließlich durch Wahrnehmen (ein Grundprinzip). Das, was wahrnimmt – das andere Grundprinzip -, nannte er der zeitgemäßen philosophischen Sprechweise folgend "Subjekt", "Verstand", "Geist", "Seele" und mit einem moderneren Ausdruck "ich selber". Berkeley leistete damit einen in der Öffentlichkeit kaum gewürdigten Beitrag zum Diskurs der Gelehrtenrepublik seiner Zeit. Es ging damals u. a. darum grundlegend neue Konzepte zu entwickeln, die aus der Sackgasse des Leib-Seele-Dualismus hinausführten, wie ihn die alte scholastische Philosophie, aber auch noch Descartes und cartesianisch orientierte Philosophen vertraten. Vor allem neue Forschungsergebnisse in der Medizin zeigten, dass die dualistische Denkweise ungeeignet war, diese nachvollziehbar zu erläutern. Berkeley behauptete – radikaler als Locke -, dass er weder die Substanz "Materie" noch die Substanz "Geist" für philosophisch begründbar hielte. "Die Existenz der äußeren Dinge besteht in ihrem Wahrgenommenwerden: esse est percipi. ... Der Geist als solcher ist unerkennbar. Sein Wesen besteht ... im Erfassen: esse est percipere. ... er [Berkeley] ist ... kein Idealist. Naturgesetze sind nur Zeichen. Kategorien wie Materie, Kausalität, Bewegung und Substanz sind entbehrlich." Dieser sensualistische Ansatz wurde im Zuge der britischen Aufklärung von David Hume konsequent zu Ende gedacht. Berkeley war über seine philosophischen Grundgedanken hinaus ein gläubiger Mann. Francis Bacon hatte Jahrzehnte vor Berkeley vorgeschlagen, dem Glauben einerseits und wissenschaftlichen Annahmen andererseits ihre jeweils eigene Welt zu belassen. Sie sollten sich daran messen lassen, inwiefern sie der Wohlfahrt der Gemeinschaft nützten. Die Wissenschaft sollte – im Unterschied zur scholastischen Gewohnheit - ohne Berufung auf althergebrachte Autoritäten arbeiten. Berkeleys religiöse Überzeugung, dass – wenn auch völlig unbeweisbar und nicht wahrnehmbar – hinter allen menschlichen Vorstellungen und wissenschaftlichen Kenntnissen Gott als Garant für deren Verlässlichkeit stehe, beruhte auf Schlussfolgerungen, die er im Hinblick auf seinen Glauben für nützlich und vernünftig hielt. Damit blieb Berkeley trotzdem wie viele andere auch im Mainstream der Aufklärung. Die Mehrheit der europäischen Philosophen der Aufklärung, - wie auch Locke - verband philosophisch begründbare Sichten mit ihren theologischen Auffassungen. Berkeley kann als das Bindeglied zwischen Locke und Hume angesehen werden. Er leistete seine Beiträge aus der Sicht eines Denkers, der von den Gegenständen seines Wahrnehmens ausging, daraus seine jeweils eigenen Schlussfolgerungen zog und diese gegen Theorien setzte, die aus seiner Sicht nicht zutreffend waren. In der Folge seiner zetetischen Annahmen vertrat er eine nominalistische Philosophie. Sehr viele Philosophen bezeichneten ihn als Immaterialist.

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